Datenjournalismus in kleinen Redaktionen

Wer in einer deutschen Redaktion mit Daten umgehen kann, hat schnell den Nerd-Stempel weg. Datenjournalismus soll dabei möglichst innovativ sein, Geschichten auf einen Blick erzählen und finden, was andere nicht einmal suchen. Datenjournalismus funktioniert allerdings meist nur im Team und kostet Zeit und Geld — Ressourcen, die gerade in kleinen Redaktionen immer knapper werden. Wie dort trotzdem Datenjournalismus stattfinden kann, war Thema des Workshops „Data Journalism in Small Newsrooms“:

Jeff Kelly Lowenstein erklärte, wie Datenjournalismus in Lokalredaktionen funktionieren kann / Foto: Daylin Paul

  1. Think Small: „Datengeschichten sind alltägliche Geschichten“, sagt Jeff Kelly Lowenstein von der Grand Valley State University. Es muss nicht immer die monatelange Datenrecherche sein, besonders nicht am Anfang. Öffentliche Daten, wie Informationen über Straftaten, Schulabbrecher oder den kommunalen Haushalt, können einer Geschichte Tiefe geben, ohne lange Investigation.
  2. Team Up: Wer Hilfe bei der Analyse oder der Visualisierung von Daten benötigt, hat Glück. Denn es gibt eine hilfsbereite Community von Datenjournalisten, auch in Deutschland (bei Twitter z.B. unter #ddj). „Das gegenseitige Helfen und Lernen funktioniert wirklich gut“, sagt auch Pinar Dag von der Data Journalism Platform Turkey. Auf der Plattform sind Daten-Experten zu finden, geordnet nach Ländern, Wissen und Organisation. Dag empfiehlt, redaktionsintern eine Liste mit allen verfügbaren Datenquellen zu erstellen. So müsse nicht jeder Journalist bei der Quellensuche bei Null anfangen.
  3. Tools: Die gute Nachricht ist, dass es eine riesige Auswahl von Werkzeugen gibt, die Daten analysieren und visualisieren können. Die schlechte Nachricht: Es sind einfach zu viele Tools, um alle zu kennen und zu verstehen. Deswegen empfiehlt Denise Malan, Ausbildungsleiterin bei Investigative Reporters & Editors (IRE), zuerst die Grundlagen der Datenanalyse zu verstehen. „Dafür würde ich Google Spreadsheets benutzen“, sagt sie. Für Visualisierungen empfiehlt sie Tableau Public. Mit Tabula können Daten aus PDF-Dokumenten extrahiert werden. Auf Document Cloud können Daten hochgeladen und analysiert werden. Malans Präsentation gibt es hier.
  4. Strategie: Wenn in der Redaktion Skepsis gegenüber Datenjournalismus herrscht, braucht es einen Mentalitätswandel, sagt Nana Boakye-Yiadom, Datenjournalist aus Ghana. Diejenigen Journalisten, die sich für Datenjournalismus begeistern, sollten sich zusammen tun und vom Chef gefördert werden. „Wenn die Journalisten dann gute Geschichten geliefert haben, muss der Datenjournalismus zu einem strategischen Teil des Produkts werden.“ So könnten die Skeptiker überzeugt werden und dann vielleicht zu Mitstreitern werden.

    Jannik Jürgens ist zurzeit Volontär der Badischen Zeitung in Freiburg. Zuvor hat er die studienbegleitende Ausbildung bei der JONA absolviert. Jannik war Teil des GIJC Newsrooms und hat auch für das Uni-Magazin Vuvuzela gearbeitet.